Berge trennen und bringen Vielfalt auf den Teller: So entstehen hunderte einzigartige Esskulturen
Einführung
Es ist fast unmöglich, die kulinarische Vielfalt in den Europäischen Alpen in wenigen Worten zusammenzufassen - egal, ob du in einem luxuriösen Resort, einer abgelegenen Berghütte nach einer langen Wanderung oder in einem kleinen Bed & Breakfast in einem schmucken Tal einkehren willst. Dieser Artikel gibt dir einen praktischen Überblick, damit du deine Mahlzeiten perfekt auf deine Reise durch Deutschland, Österreich, die Schweiz, Italien und Frankreich abstimmen kannst.

Deutschland & Österreich
Im bayerischen Süden, direkt an den Alpen, trifft man auf eine Küche, die der österreichischen sehr ähnlich ist. Beide Regionen sind sprachlich, kulturell und geografisch eng miteinander verbunden. Kurz gesagt: Hier ist das Land von The Sound of Music, wo Trachten, Musik, Schrift und natürlich das Essen noch den Ton angeben. Zwar ist die Region nicht so berühmt für ihre Küche wie Frankreich oder Italien, doch zwischen den großen Resorts verstecken sich kleine Schätze, die echte traditionelle Gerichte servieren.

Typisch für diese Region sind vor allem die vielen verschiedenen Wurst- und Fleischspezialitäten. Diese sind oft geräuchert, anders als beim Schimmel-gereiften Saucisson, das man aus Frankreich und den Nachbarländern kennt. Die bekannteste Wurst ist die geräucherte Landjäger. Dazu kommen Kartoffel- und Knödelgerichte, regionales Bier sowie hefeteig- und eierhaltige Süßspeisen. Ebenfalls typisch, und sonst in den Alpen kaum zu finden, ist das graue Roggenbrot mit Sauerteig und Kümmelnoten.

Ein Leberkäs-Semmerl vom Metzger um die Ecke, dazu kräftiger Senf und ein kühles Märzen oder Lager dazu zaubert selbst dem zynischsten Wiener ein Lächeln ins Gesicht.

Außerdem beliebt sind Kartoffelsalat, Krautsalat mit Kümmel, frische Laugenbrezeln, Bauernspeck, Gulaschsuppe, Hirsch und Wildererpfandl (eine Mischung aus Hirsch- und Wild in Sauce, serviert mit Rotkohl, Spätzle und Preiselbeeren), Weißwurst (gedämpfte Kalbsbratwurst mit Petersilie und süßem Senf) und Käsespätzle (Eierteig-Nudeln mit Zwiebeln aus dem Allgäu). Typische Desserts sind Apfelstrudel, Kaiserschmarrn (mit Apfelmus) und verschiedene Steinobstkuchen.

Vielleicht nirgendwo sonst legen Einheimische so viel Wert darauf, Gäste in traditionellen Wirtshäusern willkommen zu heißen. Die Österreicher verstehen ihr Handwerk: Sie wissen genau, wie man erschöpfte Wanderer oder Skifahrer morgens aus den gemütlichen Holzstuben lockt – mit üppigen Frühstücksbuffets, die keine Wünsche offenlassen.

Für die jungen und draufgängerischen Besucher regiert nach wie vor die Après-Ski-Szene, ganze Täler zählen schon am frühen Nachmittag runter, bis die Party losgeht. Beliebte Drinks sind Jagertee – heißer schwarzer Tee mit bis zu 80% Inländer-Rum –, Jägermeister oder Shots von Williams-Christ-Birnenbrand mit eingelegter Birne. Natürlich darf auch das geliebte Bier nicht fehlen, das in dem Land mit dem zweitgrößten Bierkonsum der Welt reichlich fließt. Besonders bekannt für diese Après-Ski-Spektakel sind das Ötztal, Kitzbühel und St. Anton am Arlberg.

Ob du nun ein einfaches Schnitzel mit Pommes in Obertauern essen, eine Rinderkraftbrühe in Zell am See schlürfen oder Foie Gras mit Veuve Clicquot ganz oben in Lech am Arlberg bei den Bogner-Aficionados genießen willst – Österreich hat für jeden Besucher das passende Gericht, Getränk und sogar das dazugehörige Lied parat.
Schweiz
Während die meisten Leser der Kinderbuchklassiker Heidi ein einfaches, idyllisches Land voller Käse, Schokolade und Edelweiß vor Augen haben, bietet die heutige Schweiz (ein Bund aus 26 Kantonen) Reisenden mehr Möglichkeiten, als man je im Leben erschließen könnte.
Es ist schwer, eine einzige „authentische“ Schweizer Küche festzumachen. Dennoch gibt es unbestreitbar feste Traditionen, die bis in die Zeit von Wilhelm Tell und die agrarische Berggesellschaft zurückreichen, aus der die moderne Schweiz hervorging.

Um die Schweizer Bergesskultur zu verstehen, sollte man zwei wichtige Begriffe kennen: Gemütlichkeit und Uhrig, das für Charakter und traditionelle Seele steht. Die Schweizer lieben es, alles mit „-li“ zu verniedlichen, ähnlich wie die Franzosen mit „-ette“, wodurch die Sprache besonders heimelig und charmant klingt. Ein Bergbeizli bezeichnet die Kunst, eine aufwendig zubereitete Mahlzeit in den Bergen zu genießen. Zurückhaltung gehört zu den traditionellen Schweizer Werten, weshalb sie den lauten Après-Ski-Partys der Nachbarn meist kritisch gegenüberstehen.
Stattdessen setzen die Schweizer auf ein ruhiges, gemütliches, uhriges Ambiente zwischen alten Kuhglocken, schlichten Wänden, die mit altem Bergsteiger-Equipment geschmückt sind, und Holzschnitzereien. Stell dir einen bärtigen alten Hirten vor, der nur den Dialekt seines Tals spricht und seinen selbstgemachten Käse auf dem Raclette-Grill seiner Vorfahren schmelzen lässt, während du Schutz vor einem tobenden Schneesturm suchst.

Klassische Orte wie Wengen am Eiger-Nordhang wirken, als stecken sie immer noch in den 60ern fest: Windgepeitschte Bäckereien werben noch in alter deutscher Schrift, und Traditionshotels haben muffige Teppiche und Raucherzimmer. Am Ende einer Skipiste bilden spitze Skiständer, altmodische Coca-Cola-Werbetafeln und pastellfarbene Gondeln die Kulisse der Cafés.
Als Land mit vier Amtssprachen ist auch die Schweizer Hausmannskost multikulturell. Ghacktes mit Hörnli (Makkaroni mit Hackfleisch und Apfelmus), Älpermagronen (Makkaroni mit Käse und Zwiebeln), Cervelat (Knoblauchwurst), Bircher Müsli (über Nacht eingeweichte Haferflocken) und Zürcher Geschnetzeltes (Kalbfleisch in Weißwein-Crème-Sauce) sind in den deutschsprachigen Kantonen allgegenwärtig.
Rivella und Ovomaltine sind zwei beliebte Schweizer Nationalgetränke, die international kaum bekannt sind. Rivella ist ein Limonadengetränk aus Laktosereststoffen, einem natürlichen Nebenprodukt der Käseherstellung, während Nestlés Ovomaltine ein Malz-Kakao-Getränk ist. Ein gängiger Werbeslogan auf Schweizerdeutsch lautet: „Hesch dini Ovo hüt scho gha?“ – also: Hast du deine Ovo heute schon gehabt? Auf den Liften oder Wanderwegen darf eine Tafel Milka-Schokolade genauso wenig fehlen.

Bircher Müsli verdient ein eigenes Kapitel, denn diese besonderen über Nacht eingeweichten Haferflocken in Milch und Joghurt, mit geriebenem Apfel und Banane und mit Nüssen garniert,sind der Favorit unter Bergsteigern. Ursprünglich war es ein Heilmittel für Kranke: Bircher Müsli, erfunden von Dr. Bircher Anfang des 20. Jahrhunderts im Zürcher Sanatorium „Lebendige Kraft“, sollte Menschen helfen, die unter der nährstoffarmen Ernährung der Industrialisierung litten.

Aber einfach nur von der „schweizerischen“ Bergküche zu sprechen, würde den einzelnen Kantonen nicht gerecht werden. Schauen wir uns deshalb einige der größten und kulinarisch reichsten Regionen genauer an.
Wallis
Das Wallis, der zweitgrößte und wohl wildeste der Schweizer Kantone, erstreckt sich über das Rhonetal in deutsch- und französischsprachigen Regionen. Die bekanntesten Schweizer Gipfel grenzen an diesen legendären Kanton, zu dem auch Orte wie Saas-Fee und Zermatt gehören. „Gravé dans mon cœur“ (in mein Herz eingraviert) sagen die französischsprachigen Walliser über ihre Heimat.
Klimatisch gilt das Walliser Vispertal als trockenster Teil der Schweiz, wo sogar invasive Opuntien-Kakteen in Hülle und Fülle wachsen. Walliser Restaurants und Weinkeller schwören auf ihre Weißweine, doch auch Rotweine gewinnen zunehmend an Beliebtheit. Visperterminen in 1.378 Metern Höhe hat Europas höchsten Weinberg, auf dem Trauben der Sorte Savagnin oder „Heida“ gedeihen. Das Wallis steht durch den Klimawandel vor großen Herausforderungen: Im Frühling verwandelt sich das Rhonetal häufig in ein überschwemmtes Ödland, während es im Spätsommer zu einer heißen Halbwüste wird.

In den meisten Berghütten des Wallis gibt es: Aprikosenkuchen aus lokal angebauten Früchten, Walliser Roggenbrot, Walliser Platte (lokales Trockenfleisch, Käse und Cornichons) sowie natürlich Fondue und Raclette. Traditionell bauten die Walliser ihre Häuser auf steinernen Stelzen, um Nagetiere fernzuhalten und ihre Vorräte zu schützen. Ein Bummel durch historische Dörfer wie Saas-Fee zeigt noch heute Spuren dieser alten Bauweise.

Tessin
Obwohl der sonnigere, italienischsprachige Teil der Schweiz – das Tessin – für viele kulinarische Spezialitäten bekannt ist, steht die castagno (Kastanie) bei Wander-Gourmets an erster Stelle. Im Oktober reifen diese braunen Schätze und landen in Kastaniencreme-Törtchen oder Tagliatelle, oder sie werden einfach so gegessen. Der Sentiero del Castagno (Kastanienweg) hat sich zu einer beliebten Touristenattraktion entwickelt, die Kastaniensammeln und Wandern in der herrlichen Herbstlandschaft verbindet.

Bern, Freiburg, Waadt
Einladend, üppig grün und ideal für Familien: Der Zugang zu den Berner Alpen zwischen den östlichen Ufern des Genfersees und der Jungfrauregion zählt zu den kulinarischen Hotspots der Schweiz. Kühe ziehen frei über die weiten Weiden, die von Alpenwiesen und sanften Mittelgebirgsgipfeln durchzogen sind.
Wenn du auf dem Weg nach Villar und Les Diablerets bist, solltest du unbedingt einen Zwischenstopp für ein Glas Aigle de Murailles einlegen – ein herrlicher Wein aus der Chasselas-Traube, die an den sonnigen Hängen des Rhonetals wächst, direkt beim alten Schloss Aigle. Nach einer Freeride-Abfahrt am Scex Rouge unterhalb des Glacier 3000 wartet das Abendessen in Gstaad: Hier trifft mondäne Eleganz auf Bauernhof-Flair und lokale Käsebauern. Fleischliebhaber kommen mit einem saftigen Entrecôte von der bekannten Simmental-Rinderrasse aus dem nahegelegenen Simmental auf ihre Kosten.

Wer etwas sparsamer unterwegs ist, findet in Gruyère, der Heimat des berühmten Gruyère-Käses und nur einen Katzensprung von der teuren Gemeinde Saanen entfernt, eines der besten Käsefondues der Schweiz. Genieße es in der Nähe des Schlosses Gruyère oder in einem der umliegenden Dörfer. Schon ab 25 Franken pro Person liefern die Fonduetöpfe vollen Genuss.
Am besten lässt sich die alpine Küche der Berner Alpen in der Jungfrauregion erleben, die Wengen, Mürren, Grindelwald und die umliegenden Dörfer umfasst. Hier ragen die über 4000 Meter hohen Gipfel auf, die das Schweizer Plateau vom Walliser Rhonetal durch eine steile Gletscherschlucht mit Wasserfällen trennen. Klassiker der Region wie Rösti mit Spiegelei oder Kalbsbratwurst gehören zu den absoluten Verkaufsschlagern.

In Wengen bietet die „Start Bar“ am oberen Ende der weltberühmten Lauberhorn-Weltcupstrecke an sonnigen Tagen gegrillte Bratwürste vom örtlichen Metzger an. Da meist nur Barzahlung möglich ist und die Nachfrage hoch, sollte man gegen Mittag kommen, um eine dieser saftigen, leicht verkohlten Würste mit einem frischen Hefebrötchen und Tommy-Senf zu genießen. Authentische Würste sind sonst eher selten, doch diese hier ist wirklich ein Erlebnis.
Für Familien, die ein genussvolles Mittagessen suchen, oder für ambitionierte Skitourengeher, die vor der Abfahrt der Totenkopf-Piste noch einen Kaffee brauchen, sind die Mürren-Seilbahnen die perfekte Wahl. Auf der Westseite des Lauterbrunnentals bringen sie Besucher hinauf zum Schilthorn, wo im berühmten „James-Bond“-Turm – bekannt aus dem Film Im Geheimdienst Ihrer Majestät – traditionelle Gebäckspezialitäten, frisch gebrühter Kaffee und Schweizer Klassiker warten.

Graubünden
Graubünden, der flächenmäßig größte und östlichste Schweizer Kanton, grenzt an Italien, Liechtenstein und Österreich. Hier wird neben Deutsch und Italienisch auch Rätoromanisch gesprochen, und die Region ist bekannt für die Salsiz-Wurst sowie für St. Moritz. Graubünden liegt tief in den Alpen und vermittelt ein echtes, abgelegenes Gefühl. Oft als kulinarische Region übersehen, begeistern die lokale Gerstensuppe ebenso wie das getrocknete Bünderfleisch auf einem frischen Ringbrot, einem ringförmigen Roggenlaib. Ein gutes Bünderfleisch sollte innen dunkelrot und saftig sein, leichte Marmorierung aufweisen und eine graue Rinde haben.

Wer in der Region Davos-Klosters vorbeikommt – ob als Alpinist oder als globaler Politiker – sollte die Davoser Weidenmilch probieren. Sie bietet Milchliebhabern einen besonders cremigen Genuss und zählt mit ihren feinen Kräuternoten zu den besten der Welt. Sie ist direkt in den örtlichen Supermärkten erhältlich.

Zug
Der Kanton Zug, international bekannt für seine glitzernden Seen und extrem niedrigen Steuern, ist im deutschsprachigen Raum auch für seine über 50.000 Kirschbäume mit mehr als 350 Sorten berühmt.
Dieses kleine Band aus uralten Moränenhügeln, das sich von Zürich bis zum Vierwaldstättersee erstreckt, bringt einige der besten Kirschbrände im alemannischen Kulturraum hervor. Auf den lokalen Märkten findest du alte, fast vergessene Sorten, die von der frühen Sommersonne und den Spiegelungen der Seen perfekt gereift sind.

Das Familienunternehmen Etter, gegründet im Jahr 1870, ist vor allem für die Destillation dieser leuchtend roten Früchte bekannt: herausragende Brände mit 37,5 bis 45 % Vol. Alkohol, die man liebevoll schlicht „Kirsch“ nennt. In Berghütten und Skibars darf er nicht fehlen – und er bildet zugleich die Seele der berühmten Zuger Kirschtorte, einem raffinierten Mandelkuchen mit feinem, alkoholischem Kirsch-Abschluss. Winston Churchill und Audrey Hepburn schworen gleichermaßen auf dieses Orchester der Aromen. Doch die Schweizer belassen es nicht dabei: Auch im Fondue spielt Kirsch eine Hauptrolle. Mit etwas Maisstärke gemischt, bindet er die Käsemasse – und sorgt für jenen unverwechselbaren Nachgeschmack, der das Gericht so besonders macht.

Italien
Für alle, die kulinarisch voreingenommen sind: Italiens Bergküche gilt oft als die bessere und günstigere Variante der Nachbarländer. Sorry, Frankreich, Schweiz und Österreich! Italienisches Alpenessen lässt sich kaum in ein paar Worte fassen – je weiter man vom Hochgebirge hinunter ins flachere Gebiet der Po-Ebene kommt, desto größer wird die Vielfalt auf den Tellern. Um es übersichtlich zu halten, werfen wir hier einen Blick auf Südtirol und Trentino und anschließend ins Aostatal.
Im Schnitt ist die Qualität des Essens in Italien außergewöhnlich hoch. Selbst in großen Resorts findest du hervorragendes Essen zu fairen Preisen – etwas, das man über kein anderes Alpenland so sagen kann. In kleineren, abgelegenen Orten wird’s noch besser (und günstiger, falls das überhaupt möglich ist).

Südtirol & Trentino
Die Küche Südtirols ähnelt der des österreichischen Tirols, schließlich war die Region historisch Teil der Donaumonarchie. Das heißt: Apfelstrudel, Schnitzel, geräucherter Schinken und Knödel. Durch die Nähe zum Mittelmeer und ein leicht anderes Klima entstanden auch lokale Spezialitäten mit mehr Steinpilzen, Spinat, Äpfeln und Weißwein. Als eines der wichtigsten Apfelanbaugebiete Europas und ein gutes Weinanbaugebiet bringt Südtirol so etwas Leichtigkeit in die sonst eher schwere, österreichisch geprägte Küche.

Typische Gerichte sind Spinatknödel, Frittatensuppe (Suppe mit Pfannkuchenstreifen), Hirtenmakkaroni (Makkaroni mit Fleischsoße), Asparagi alla Bolzano (Spargel mit Boznersauce), Spaghetti Bolognese mit Speck, Bauerngröstl (Bratkartoffeln mit Speck und Zwiebeln) sowie Spinat-Spätzle und weitere Knödelvariationen.

Weiter südlich ist das Trentino für seine eher mediterrane Küche bekannt: Klassiker sind Carne Salada (eine Art Rindercarpaccio), Mortadella (eine breite, oft geräucherte Salamiform) und risotto al Teroldego (Rotweinrisotto). Auch die Knödel aus Südtirol sind in dieser immer noch bergigen Region sehr beliebt.

Aostatal
Während in anderen Regionen Kartoffeln und Weizen dominieren, bildet hier in den italienischen Alpen Polenta die wichtigste Kohlenhydratquelle. Polenta wird aus grob gemahlenem Maismehl mit reichlich Butter zubereitet. Ein weiterer zentraler Bestandteil der Küche ist Fontina, ein milder Kuhmilchkäse, der von Suppen bis zu Polenta-Gerichten alles krönt.

Wie in den meisten Teilen Italiens gibt es auch hier Pizza in großer Menge und Qualität, entweder im dünnen römischen Stil oder nach neapolitanischer Art. Carbonara, cacio e pepe (Käse und Pfeffer) sowie lokale Varianten mit Speck und Käse bilden die Grundlage der meisten Pastagerichte, serviert mit frisch gemahlenem Pfeffer und knackigem Salat.

Weitere bekannte Gerichte sind Tagliata al funghi (dünnes Rind- oder Kalbfleisch mit Steinpilzen), Polenta al ragu (Polenta mit Rind- oder Wildragout), Zuppa di zucca (Kürbissuppe), Zuppa valdostana (eine reichhaltige Brühe mit eingeweichtem Brot, überbacken mit Fontina), Carbonade (ein kräftiger Rindereintopf mit Rotwein) und Monte bianco (eine sehr süße Maronentorte mit Baiser). Dazu passen sowohl Rotwein als auch lokale Biere hervorragend.

Frankreich
Die Französischen Alpen erstrecken sich wie ein Bumerang von der nördlichen Haute-Savoie bis zu den mediterranen Hügeln nördlich von Nizza. Das sorgt für deutliche Unterschiede bei den essbaren Pflanzen und der Bergküche. Frankreich ist das globale Zentrum der Gastronomie, gleichzeitig aber auch stark industrialisiert. Gerade in den Bergen wurden zahlreiche Megaresorts gebaut. Deshalb braucht es ein aufmerksames Auge und eine feine Nase, um zwischen Touristenfallen die echten kulinarischen Highlights zu entdecken.

Nicht überraschend wandeln sich die fleisch- und käselastigen Gerichte des Nordens, wie die Potée savoyarde (Kohl- und Schweinefleischeintopf), im Süden allmählich hin zu Quiche, Ravioli, Ratatouille und frischen Salaten. Trotzdem dominieren in der gesamten Region nach wie vor geschmolzener Käse mit Kartoffeln und Brot, etwa als Tartiflette, Raclette, Fondue oder Boîte chaude, genauso wie Saucisson sec (luftgetrocknete Wurst), Diot (in Weißwein marinierte Wurst) und Pièce du boucher mit Morchelsoße.

Ebenso findet man in jeder Ecke der Berge eine französische Boulangerie oder einen kleinen „Snacking“-Laden. Achte auf traditionelle Herstellungsweisen, bei denen Bio-Zusätze, Mehl und Enzyme verwendet werden, um rustikale Baguettes zu backen, wie man sie in einer bäuerlichen Hütte des 15. Jahrhunderts finden würde, sowie Buttercroissants mit genau der richtigen Röstung – typisch für ganz Frankreich.

Zum Missfallen der Traditionalisten hat die Tourismusbranche mittlerweile die meisten Orte im Chamonix-Tal, Annecy, La Clusaz und die Umgebung des stark frequentierten Arve-Tals erreicht. Dennoch bieten Megève und Annecy einige erstklassige Michelin-Sterne-Restaurants mit einem der besten kulinarischen Angebote der Haute-Savoie Region.

Ein Zwischenstopp in einer Berghütte kann manchmal anonym wirken, wie eine endlose Raclette- oder Burger-Reblochon-Fließbandproduktion. Doch es gibt echte Perlen darunter. Der Bauernmarkt in Chamonix, der samstags schon früh morgens öffnet, ist auf jeden Fall ein Muss, ebenso wie die Dainty Pizzeria, eine neapolitanische Pizzeria in Chamonix mit hervorragend gegorenem Teig und köstlicher San-Marzano-Sauce.
Wenn du, wie viele andere auch, am Grands Montets unterwegs bist, iss auf keinen Fall direkt auf der Piste. Stattdessen lohnt sich ein Abstecher ins malerische Restaurant Crèmerie, eingebettet im Wald oberhalb von Argentière. Apropos Reblochon-Burger: Auch in den Skihütten von Les Contamines findet man hervorragende Exemplare. Und für Liebhaber von heißen Diots ist der Weihnachtsmarkt in Annecy ein absolutes Muss.

Ein ruhiger Ort mit hervorragenden Salaten, Raclette und Aufschnittplatten ist das Refuge de Miage, eingebettet an der Südwestseite des Mont-Blanc-Massivs, direkt unter den Dômes de Miage. Im Juli lassen sich die langen Tage wunderbar mit dem Pflücken von Heidelbeeren und Himbeeren verbringen, denn oberhalb der Hütte erstreckt sich ein weites Moränenfeld mit vereinzelten Sträuchern.

Weiter südwestlich, auf dem Bogen der französischen Alpen, bieten die bekannten Ziele Val Thorens, Val d’Isère, Tignes, Les Deux Alpes und Alpe d’Huez feine französische Küche und lokale Handwerksprodukte in sogenannten Boutiques fermières (Farm-to-Table-Läden). Doch wie in den nördlicheren Gebieten rund um Chamonix hat der Massentourismus auch hier Fließbandküche in die Hütten gebracht. Viele Berghütten servieren heute vor allem Burger, Pommes und frittiertes Hähnchen.

Auf der anderen Seite haben sich über die französischen Alpen auch la Folie Douce und andere Konzept-Brauereien mit Après-Bar und Disco-Bühnen à la Österreich etabliert. Sie servieren Klassiker wie Entrecôte, Moules Frites oder Duck Confit für gehobene Reisende, doch die Qualität rechtfertigt nicht immer den Preis.

Oft übersehen wird hingegen die wachsende Kultur der Auberges und Refuges, viele davon bewirtschaftet und mit langsam zubereiteten, regionalen und traditionellen Gerichten. Die sonnenverwöhnten südlichen Alpen, weniger bekannt und besucht als die nördlichen Regionen, halten einige echte kulinarische Geheimtipps bereit.

Tourtons (frittierte Kartoffeltaschen mit Käse), Argousier-Marmelade (Sanddorn), Croquants des Écrins (knusprige Kekse aus der Écrins-Region) und tarte de noix (Walnusskuchen) sind nur einige weniger bekannte Spezialitäten. Die berühmten Ravioles (gefüllte Kartoffeltaschen) und Oreilles d’âne (Crêpes mit Spinat und Käse) sind ebenso beliebt. Unbedingt probieren sollte man die Tourtons in der Auberge Prapicoise im Champsaur-Tal der Écrins.
Für Liebhaber von Bio- und Qualitätsprodukten bieten die größeren Städte Gap und Briançon in den südlichen französischen Alpen eine große Auswahl an BioCoop-ähnlichen Supermärkten mit Fokus auf lokale Produkte. Die SAB in Briançon und die Boucherie Garnier in Monêtier-les-Bains sind zwei Beispiele lokaler Anbieter hochwertiger Fleischwaren. Zwar haben diese Produkte manchmal ihren Preis, aber wenn dich deine Wander-, Ski- oder Mountainbike-Tour hierher führt, lohnt sich ein Besuch. Salbei-, Rhododendron- oder Klee-Honig, Wacholderbeeren und weitere frische oder getrocknete Zutaten locken jeden lokalen Feinschmecker.


