Welches ist der höchste Berg der Welt? Was eine offensichtliche Quizfrage zu sein scheint, ist gar nicht so leicht zu beantworten. Dein Geographielehrer hat dir damals vielleicht nicht die ganze Wahrheit erzählt, also ziehe keine voreiligen Schlüsse! Wir sind im Internet über ein paar verblüffende Bilder gestoßen und haben beschlossen, uns die Sache etwas genauer anzusehen.
Du erinnerst dich vielleicht an die trigonometrischen Aufgaben aus deiner Schulzeit, als man dich danach fragte die Höhe eines Gebäudes oder Berges, ohne die Hilfe von Google sondern bloß mit Hirnschmalz, zu berechnen, wie hier zum Beispiel.
Hier kommen nun ein oder zwei Fragen auf. Erstens, wie misst man einen Winkel korrekt, wenn bereits 1° einen Unterschied machen kann? Zweitens, wie misst man die Distanz zu einem Gebäude, besonders wenn Blumenbeete davor sind? Ich wette, Trigonometrie auf Berge anzuwenden ist noch viel anspruchsvoller.
Trigonometrische Messungen: die Klassiker
Früher maß man einfach erst die Distanz zwischen zwei Punkten auf dem Grund und dann die Winkel zwischen der Bergspitze und den jeweiligen Punkten. Anschließend führte man hunderte kleiner Anpassungen durch und voilà, so funktionierte Analysis im 19. Jahrhundert. Aber wurde somit wirklich die Höhe gemessen oder die Prominenz?
TEs gibt zudem noch einen weiteren Aspekt betreffend die Nutzung trigonometrischer Prinzipien. Was, wenn man etwas messen muss, das eine imperfekte Form hat und der Schatten, der von deinem Objekt geworfen wird kaum zu erkennen ist? Zum Beispiel nicht ein majestätisch starres Matterhorn, sondern der Mont Blanc, fwo die Identifizierung der Bergspitze keine leichte Aufgabe ist?
GPS und Echtzeitkinematik: Die neue Art zu messen
Hier kommt die digitale Revolution zu deiner Rettung. Lass‘ uns ehrlich sein, modernes GPS und Echtzeitkinematik (englisch Real Time Kinematic, RTK) basieren noch immer auf geometrischen Formeln und Vermessungstechniken, die sich seit dem 19. Jahrhundert kaum verändert haben.
Du kannst gerne deinen GPS-Empfänger auf der Spitze jedes Berges platzieren (und Radiosignale von vier oder mehr GPS-Satelliten empfangen, um die Genauigkeit deiner Messung zu garantieren) und die Erhebung des Empfängers relativ zum Satelliten zu entdecken. Dieser Satellit befindet sich in einer bekannten Distanz zum Zentrum der Erde, die wiederum ein Sphäroid ist. Dies bedeutet, dass die Erde nicht perfekt rund ist, sondern eher eine Mandarinen-Form hat. Aber reicht diese Messung aus? Nein, denn du musst zudem bestimmen ob dein Referenzpunkt die Meereshöhe, der Meeresspiegel, der Fuß des Berges oder wo du denkst, dass der Berg beginnt, usw.
Was ist dein Referenz-Nullpunkt?
Die Höhenmessung ist ein heikles Unterfangen, denn mit den technologischen Fortschritten und Entdeckungen hat man oft das Gefühl, dass sich die Spielregeln zu oft ändern. Du fühlst dich so, als ob du im Physikunterricht sitzen würdest und der Lehrer dich fragt: „Wenn du eine Pistole in einem Zug, der sich mit 80km/h fortbewegt, abfeuern würdest, würde die Kugel schneller oder langsamer fliegen?“ Dann sitzt du da und grübelst: „Schneller, als wenn ich auf dem Erdboden stünde? In welche Richtung wird der Schuss gefeuert: Richtung erster oder letzter Waggon?“ Es beschäftigt dich für den Rest der Lektion, der Lehrer macht weiter, die anderen Kinder sind fröhlich und vertreiben sich die Zeit, ihre Gedanken weit weg von irgendwelchen Dummheiten, das Leben geht weiter.
Spaß beiseite, hier sind einige Fragen, deren Antworten deine Wahrnehmung bezüglich der Höhe von Bergen verändern wird. Wo setzt du deinen Referenz-Nullpunkt?
- Von deinem Standpunkt aus (die klassische trigonometrische Positionierung) – dies beschreibt die Prominenz, nicht die Höhe, denn du stehst mit höchster Wahrscheinlichkeit am Key Col. Die Prominenz ist ungefähr der Höhenunterschied, den man zurücklegen muss, um von der Bergspitze zu irgendeinem hochgelegenen Terrain zu gelangen. Den tiefsten Punkt des Höhenunterschieds nennt man Key Col.
- Von der Meereshöhe aus – was, wenn das Meer hunderte Meilen entfernt liegt und für dich nicht sichtbar ist? Nun, sogar wenn du das Meer ausmachen kannst, unterscheidet sich die Meereshöhe um bis zu 50m, abhängig von den Gezeiten, den Wellen und der Erdanziehungskraft. Dies ist der Grund, weshalb wir den sogenannten Meeresspiegel haben. Die Meter über Meer (m. ü. M.) ist die Höhe (auf dem Erdboden) oder Höhenlage (in der Luft) eines Objekts, relativ zu dem Meeresspiegel-Datum oder -Geoid. Die genauesten GPS basierten Messungen haben heutzutage geschätzt einen Fehlerbereich von ungefähr 0.3m für Objekte höher als 7km.
- Vom Fuß des Berges aus - was, wenn du dich in einer Bergkette befindest und dir nicht gerade einen einzelnen, isolierten Berg wie den Uluru in Australien ansiehst, sondern den K2 oder den Anapurna. Dann könnte dies die genaueste Herangehensweise sein, um die Höhe der Bergs zu messen. Aber wie identifiziert man nun den Fuß des Berges? Einige Berge sind sogenannte Faltengebirge und einige sind so erodiert, dass es für dich vielleicht unmöglich ist, den Beginn des Bergs und das Ende des Tals zu identifizieren. Deshalb ist dies wahrscheinlich eine Frage, die man Geologen stellen sollte, denen es möglich ist, die bergspezifischen Felsgesteine und die Biota zu identifizieren.
- Vom Grund des Ozeans? Willkommen im 10‘994 Meter tiefen Marianengraben, der auch der tiefste Punkt der Erde genannt wird. Oder wie wäre es mit dem Sirena-Tief, welches erst 1997 entdeckt wurde und 10‘732 Meter tief ist, stell dir vor, wie viele weitere tiefe Referenzpunkte noch gefunden werden, sobald die Menschheit die restlichen 95% des Meeresbodens erforscht hat!
IWenn du mehr über die Physik, die der Messung der Erde zugrunde liegt, erfahren möchtest, schau dir mal Meeresspiegelmessungen an und warum Mauna Kea in gewisser Weise höher ist als der Mount Everest! Es gibt dir einen Einblick darin, was der Meeresspiegel ist und wie er unsere Messungen beeinflusst, basierend auf dem Begriff der „Meereshöhe“.
Wie misst du die Höhe eines Berges? Zählt die Eiskappe dazu? Oder sollte man bloss das Gestein messen?